Das naechste Opfer by Egholm

Das naechste Opfer by Egholm

Autor:Egholm
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-28T05:00:00+00:00


29

In Wirklichkeit mochte sie Katzen lieber.

Karen tätschelte den Hund, der einladend mit dem Schwanz wedelte, als sie das Hundefutter herausholte und damit raschelte. Timbos Anwesenheit im Haus hatte die Katze in die obere Etage vertrieben, wo sie sich in Ingers Zimmer in ihrem Lieblingslehnstuhl eingenistet hatte, der jetzt voller grauer Katzenhaare war. Bedauerlicherweise hatte sie sich – vielleicht aus reinem Ärger – auf ein Abenteuer mit einem sexlustigen Kater eingelassen, wovon der allmählich dicker werdende Bauch Zeugnis ablegte. Karen bangte um den Hausfrieden oder vielleicht eher um die zerbrechliche Waffenruhe zwischen Hund und Katze, wenn erst kleine Kätzchen da waren, die irgendwann die Treppe hinunter in die Küche kommen würden, wo leicht Spannungen zwischen den beiden Parteien entstehen konnten.

Sie dachte daran, während sie den Hund fütterte, weil sie nicht an das andere denken wollte. An das Gespräch. Oder sagte man »Verhör«?

Sie waren gerade gegangen, John Wagner und sein Hansen, der einen so freundlichen Eindruck machte, auch wenn er Ähnlichkeit mit einem der Wachmänner hatte, denen sie im Magasin begegnet war und die sie nicht mochte. Vielleicht lag es an den Augen, dachte sie. Empfindsam und tief, wie die des Hundes, der sie jetzt beobachtete und vielleicht gerade dachte, dass er Inger vermisste. Da war ihr der wachsame Blick der Katze lieber. Die Katze, die nur an sich und ihr Überleben dachte und umgeben von Ingers Sachen lebte, in ihrem Stuhl wohnte und ihren Duft einatmete.

»Inger, Inger«, flüsterte Karen vor sich hin und fügte in Gedanken hinzu: Das hast du nicht verdient. Du hattest nie eine richtige Chance. Ich hätte besser auf dich aufpassen müssen.

Sie ließ den Hund allein und ging in den Proberaum. Sie hatte ein schweres Bach-Präludium zu spielen, durch das sie sich hindurchkauen musste, und wollte schon einmal am Klavier üben, bevor sie in die Kirche fahren würde.

Sie holte die Noten heraus und versuchte, sich darauf zu konzentrieren, einen passenden Fingersatz einzutragen, aber immer wieder spürte sie den Schock wie einen großen Stein zwischen sich und dem Instrument.

Noch einer, noch ein Mord war geschehen, und ihr Gehirn schien es immer noch nicht begriffen zu haben, während ihr Körper sofort gewaltig zu schwitzen und dann zu zittern begonnen hatte. Wagner war in die Küche gegangen, um Tee zu kochen, während Hansen weitergefragt hatte. Er hatte gefragt und gebohrt, dass sie ganz rappelig geworden war. Hatte sie Lise vor kurzem gesehen? Hatte sie eine Idee, wo sie sich aufhalten könnte? Wie war Lises Verhältnis zu ihrer Mutter? Würde sie Lise als normal bezeichnen, oder hatte es ihr geschadet, Mitglied der Sekte gewesen zu sein?

War es denkbar, dass sie unter dem dominierenden Einfluss des Mannes einen krankhaften, übertriebenen Gerechtigkeitssinn entwickelt hatte? Hatte sie irgendwann Anzeichen von Aggressivität oder gewalttätigem Verhalten gezeigt?

Die Fragen waren gestellt worden, und sie hatte sie nur ausgehalten, weil die Stimmen im Gegensatz zu den Worten so sanft und verständnisvoll waren. Der Klang von Hansens und Wagners Stimmen hatte ihr trotz allem eine Art Ruhe eingeflößt; der sanfte Bariton des jungen Mannes und der tiefe von Wagner. Immerhin hatten sie es nicht direkt gesagt, das, was sie beide dachten.



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